Jahrgangskombination

2022/23: Türkheim 1/2a und 3/4a   –    Rammingen –

Vorbemerkung:
Bei der Landschulreform wurde die Grundschule Türkheim mit der Außenstelle Rammingen gebildet. Es gab ursprünglich auch Pläne, Rammingen ganz in Türkheim zu integrieren und die Grundschule in Rammingen aufzulösen. Diese Idee scheiterte am heftigen Widerstand der Gemeinde Rammingen. Abhängig von der Klassengröße gab es in Rammingen deshalb schon immer flexible Klassenzusammensetzungen. Ab 1969 gab es über viele Jahre die jahrgangskombinierten Klassen 1/2 und 3/4. Mit steigenden Schülerzahlen gab es ab 1994 bis zum Schuljahr 2008/09 immer vier, meistens kleinere reine Jahrgangsklassen. Ab dem Schuljahr 2009/10 wurden nach längerer Zeit wieder zwei jahrgangskombinierte Klassen gebildet, da die Zahl der Schulanfänger für eine eigene Klasse nicht ausreichte.
Ab dem Schuljahr 2010/11 bieten wir auch in Türkheim flexible Lösungen in der Klassenbildung an:
– gebundene Ganztagsklassen
– Regelklassen
– jahrgangskombinierte Klassen  

Was sind jahrgangskombinierte Klassen?
Jahrgangskombinierte Klassen umfassen in der Regel Lerngruppen, die sich aus Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufen 1 und 2 bzw. der Jahrgangsstufen 3 und 4 zusammensetzen. Die Einrichtung jahrgangskombinierter Klassen beruht auf pädagogischen Konzepten, die – wie im Bereich des Kindergartens auch – mit altersheterogenen Lerngruppen arbeiten und die Verschiedenheit an Wissen und Erfahrung innerhalb dieser Gruppen für das Lernen fruchtbar machen.

Die erzieherische und unterrichtliche Arbeit in den jahrgangskombinierten Klassen orientiert sich – wie die Arbeit in jahrgangsreinen Klassen – an dem für die Bayerischen Grundschulen konzipierten Lehrplan aus dem Jahr 2000. Dieser ist für die Jahrgangsstufen 1 und 2 im Fach Deutsch bereits jahrgangsübergreifend angelegt.

Aber auch in allen weiteren Fächern entspricht es den Prinzipien effektiver Unterrichtsgestaltung, den Lernprozess auf die jeweiligen individuellen Lernvoraussetzungen abzustimmen. Es entstehen daher sowohl in den Jahrgangsstufen 1 und 2 als auch in den Jahrgangsstufen 3 und 4 stets inhaltliche Überschneidungen mit den Lehrplaninhalten der nächst höheren bzw. nächst niedrigeren Jahrgangsstufe. Diese Überschneidungen gilt es in jahrgangskombinierten Klassen im Klassenlehrplan wie im täglichen Unterricht in besonderer Weise didaktisch, methodisch und organisatorisch aufzubereiten.

Lernen in jahrgangsheterogenen Gruppen entspricht in mancher Hinsicht dem Lernen in nichtschulischen Bereichen wie Familie oder Freundeskreis. Neben dem Lernen am Modell spielt hier vor allem das Lernen in Helfer- bzw. Tutorensystemen, in Patenschaften und in Lerntandems eine zentrale Rolle. Diese Unterstützungs-
möglichkeiten können besonders gut in offene Lernformen wie Freiarbeit, Wochenplanarbeit, Projektarbeit etc. eingebracht werden.


Warum werden jahrgangskombinierte Klassen gebildet?

Es gibt Schulen, die das Prinzip der Jahrgangskombination aus pädagogischen Gründen so positiv werten,
dass sie aus eigenem Antrieb derartige Klassen bilden. In der aktuellen Diskussion geht es jedoch verstärkt
um Schulen, die sehr kleine Klassen haben und an denen die Schulleitung kombinierte Klassen plant.

Die Anzahl der Lehrerstunden, die einem Schulamt zugewiesen wird, richtet sich nach der Anzahl der Schülerinnen und Schüler im Schulamtsbezirk. Aufgabe des Schulamts ist es dann, im Schulamtsbezirk für ausgewogene Klassenstärken zu sorgen.

Vereinfacht könnte man sagen, dass deshalb jede kleine Klasse (z.B. 18 Schüler) auf der anderen Seite eine sehr große Klasse (z.B. 30 Schüler) erfordert.

Durch die Bildung jahrgangskombinierter Klassen können auch ausgewogenere Klassenstärken im Schulamtsbezirk erreicht werden. Bei sehr kleinen Schulen kann die Schule dadurch erhalten werden.

Die Schülerzahlen werden weiterhin stetig abnehmen. Die Kombination von Klassen kann dazu beitragen, eine Vielzahl kleiner Schulen erhalten zu können.

Welche Unterstützung erhalten kombinierte Klassen?
Kombinierte Klassen erhalten bis zu fünf zusätzliche Lehrerstunden zur Differenzierung. In diesen Stunden werden die Schüler in Gruppen unterrichtet. Wenn es möglich ist, wird auch ein Förderlehrer – dies sind Lehrkräfte, die ausschließlich ergänzend zum Klassenlehrer eingesetzt werden – in dieser Klasse mitwirken.

Welche rechtlichen Vorschriften gelten für jahrgangskombinierte Klassen?
Grundlage bildet Art. 32 Abs. 2 Satz 2 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG): “An Grundschulen können Jahrgangsklassen gebildet oder zwei Jahrgangsstufen in einer Klasse zusammengefasst werden.”

In jedem Jahr werden Richtlinien zur Klassenbildung veröffentlicht, die weitere Informationen und Maßgaben enthalten, so z.B. den Hinweis, dass jahrgangskombinierte Klassen auch parallel zu Jahrgangsklassen errichtet werden können. In den Richtlinien des Schuljahrs 2008/09 heißt es:

“…Das pädagogische Konzept der jahrgangskombinierten Klassen hat sich bewährt. Die jahrgangskombinierten Klassen sind gleichwertig zu den Jahrgangsklassen.
Jahrgangskombinierten Klassen werden in der Regel 5 Unterrichtsstunden (Lehrerstunden oder Förderlehrer-
stunden) zusätzlich zugewiesen. Diese Stunden sind aus dem Budget des Staatlichen Schulamts zu nehmen. Die Schülerzahl soll 25 nicht überschreiten.”


Welche Erfahrungen gibt es mit jahrgangskombinierten Klassen?

Jahrgangskombinierte Klasse gibt es seit Bestehen der Grundschule, da in ländlichen Regionen anders eine wohnortnahe Beschulung nicht gewährleistet werden konnte.

Ende der 70er Jahre wuchs das pädagogische Interesse an dieser Form, die in städtischen Regionen nicht mehr anzutreffen war. Das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung betreute deshalb von 1998/99 bis 2000/01 das Modellprojekt “Jahrgangsgemischte Eingangsklassen” in zunächst sieben Grundschulen. An diesen Schulen mussten überwiegend aus schulorganisatorischen Gründen jahrgangskombinierte Eingangsklassen gebildet werden. Ab dem Schuljahr 2000/01 schlossen sich – auf freiwilliger Basis – 17 weitere Grundschulen in Bayern dem Konzept an. Diese neuen Schulen entschieden sich zum größten Teil aus pädagogischen Gründen für jahrgangskombinierte Grundschulklassen und entwickelten unterrichtliche Möglichkeiten in jahrgangs-
kombinierten Anfangsklassen. Der Modellversuch zeigte deutlich, dass die Jahrgangskombination eine sinnvolle pädagogische Alternative zur Jahrgangsklasse darstellt. Es wurde festgestellt, dass die Kinder ebenso viel lernten wie in jahrgangsreinen Klassen, dass sie aber im sozialen Verhalten größere Fortschritte gemacht hatten.

Die beteiligten Schulen nennen vor allem folgende Vorteile des Unterrichtens in jahrgangskombinierten Klassen:
– Der Übergang vom Kindergarten in die Grundschule erfolgt problemloser und kindgemäßer, da das den Kindern
vertraute Prinzip der Altersmischung beibehalten wird.
– Die Altersmischung ermöglicht den Kindern vielfältige Erfahrungen als “Lehrende” und “Lernende” und leistet
dadurch einen wertvollen Beitrag zur Weiterentwicklung ihrer Persönlichkeit.
– Die Schüler profitieren aufgrund der erforderlichen parallelen Planung verschiedener Lernprozesse von einem
besonders differenzierten und individualisierten Unterricht.
– Soziale Lernprozesse werden in besonderem Maße gefördert.
– Durch das Lernen am Modell entwickeln die Schüler sowohl regelkonformes Verhalten als auch Lern- und
Arbeitstechniken.
– Die Schüler finden sich durch einen häufigeren Wechsel der Lerngruppen und Lernpartner immer wieder in
neue Rollen ein und entgehen dadurch der Gefahr einer starren Rollenverteilung.
– Durch vielfältige Möglichkeiten zur Arbeit in offenen Unterrichtsformen entwickeln die Schüler zunehmend
Kompetenzen im Bereich des selbständigen Handelns.

Durch die Verfügbarkeit der Lerninhalte von zwei Jahren können begabte Kinder in besonderer Weise gefördert werden. Diese Kinder können die jahrgangskombinierte Eingangsklasse in einem Jahr durchlaufen, was dem Überspringen einer Jahrgangsstufe entspricht. Entwicklungsverzögerte Kinder können drei Jahre in der jahrgangskombinierten Eingangsklasse bleiben.